Wichtigsten Methoden zur Unternehmensbewertung im Überblick

Wichtigsten Methoden zur Unternehmensbewertung im Überblick

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Das sind die gängigsten Methoden der Unternehmensbewertung, das sagen sie aus und so lassen sie sich berechnen.

Melsungen - 11.10.2022
Die richtige Berechnung des Unternehmenswertes steht im Mittelpunkt jeder Transaktion von Unternehmensteilen oder ganzen Unternehmen. Einen einzig richtigen Wert für eine Firma gibt es nicht. Unternehmenswerte sind immer subjektiv. Sie hängen von den Verkäuferansichten und den synergetischen und strategischen Erwartungen des Erwerbers ab.

Unternehmensbewertungen als subjektive Wertspannen

Die Meinungen von Verkäufern und Käufern können sich während der Transaktion ändern. Beispielsweise weichen Werte vor der Due Diligence oft deutlich vom endgültigen Angebot nach der Due Diligence ab. Doch was sind die Gründe für die Bewertungsunterschiede und wie ermittelt man den Wert eines Unternehmens möglichst realistisch?

Heute gibt es verschiedene Methoden, um den Wert eines Unternehmens zu ermitteln. Sie lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen: Die Ertragswertmethode und das Substanzwertverfahren. Darüber hinaus können bei der Unternehmensbewertung auch Marktwertverfahren eingesetzt werden, um die Validität der erzielten Ergebnisse zu überprüfen. Dieses Verfahren basiert im Wesentlichen auf den tatsächlichen Preisen, die in vergangenen Übernahmen auch umgesetzt wurden.

Diese „Transaktionsmultiplikatoren“ sind besonders wertvoll bei der Bewertung von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie ermöglichen es, die Erfahrungen eines sehr undurchsichtigen Marktes bei der Unternehmensbewertung zu berücksichtigen. Meist wird eine Kombination verschiedener Herangehensweisen zur Unternehmensbewertung herangezogen. Die verwendeten Schätzungen können sich je nach Art des Geschäftsmodells und Position des Unternehmens in seinem Lebenszyklus unterscheiden.

Ertragswertbewertung

Generell gibt es das vereinfachte und normale Ertragswertverfahren. Ein vereinfachtes Verfahren zur Einkommensermittlung wird beispielsweise vom Finanzamt bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer angewendet. Hier berechnen Sie den durchschnittlichen Verdienst eines Unternehmens der letzten drei Jahre und vervielfachen um einen gewissen Faktor. Diese Ertragswertmethode wird als „einfach“ bezeichnet, da sie nur bereinigte nachhaltige Erträge annimmt. Auf eine detaillierte künftige Ertragsentwicklung wird verzichtet. 

Bei der „normalen“ Methode der Einkommensschätzung analysieren Sie nicht nur die vergangenen Daten, sondern prognostizieren auch die zukünftigen. Neben den Betriebsergebnissen der letzten drei Jahre beziehen Sie auch mögliche Einnahmen für die nächsten drei Jahre ein.

Hinzu kommt der sogenannte Kapitalisierungszinssatz, der sich aus dem Zinssatz für risikolose Anlagen plus unternehmerisches Risiko zusammensetzt. Dieser Zinssatz liegt zwischen 5 und 20 %. Bei einer durchschnittlichen Rendite von 20.000 Euro liegt der Kapitalisierungszinssatz beispielsweise bei 13 %. Somit lautet die Formel: 20.000 / 13 * 100 = 153.846 Euro Unternehmenswert nach dem Ertragswertverfahren.

Bei der Ertragswertbewertung lautet die Bewertungsmethodenformel somit Firmenwert gleich Gewinn dividiert durch den Kapitalisierungszinssatz mal hundert. Der Kapitalisierungszinssatz zeigt, dass diese Erträge erst in der Zukunft liegen und einem Risiko unterliegen. Die Höhe dieses impliziten Zinssatzes ist subjektiv. Bei kleinen Unternehmen liegt er im Bereich von 8-21 %.

Kleine Änderungen der Zinssätze haben einen erheblichen Einfluss auf den geschätzten Firmen- oder Geschäftswert. Natürlich führen nur profitable Unternehmen zu positiven Bewertungen. Unrentable Unternehmen auf diese Weise zu bewerten, ist sinnlos. 

Substanzwert- oder Nettoinventarwertmethode

Bei der Substanzwert oder Net-Asset-Value-Methode werden alle Aktivposten der Bilanz, also das Vermögen des Unternehmens, summiert. Der Wert des Nettovermögens wird in der Regel anhand der Kosten der Geschäftskontinuität (den sogenannten Reproduktionskosten) berechnet. Alle Teile des Vermögens zusammen bilden das Gesamtvermögen des Unternehmens und werden als Bruttonettovermögenswert bezeichnet.

Um den Wert des Nettovermögens eines Unternehmens zu erhalten, wird das Fremdkapital (alle Schulden oder Verbindlichkeiten des Unternehmens) vom Gesamtwert des Vermögens abgezogen. Hierbei ist es wichtig zu beachten, dass Vermögenswerte in der Finanzbuchhaltung (Steuerbilanz) den Buchwert darstellen, nicht die tatsächlichen Kosten. Die Differenz zwischen Buchwert und Produktionskosten beinhaltet stille Reserven, die den Buchwert zu berichtigen haben. 

Stille Reserven führen zu latenten Steuern, weil sich die zukünftige Aufdeckung stiller Reserven positiv auf die Gewinn-und-Verlust-Rechnung auswirkt oder höhere Ergebnisse ausgewiesen werden. Diese nicht offenkundigen Steuern müssen bei der Berechnung des Nettoinventarwerts berücksichtigt werden.

Bei der Nettoinventarwert- oder Substanzwertmethode handelt es sich somit um eine Bestandsaufnahme bestehender Vermögenswerte (Anlagen), d. h. es wird die vorhandene Substanz des Unternehmens ermittelt. Der Nettoinventarwert stellt die effektiven Eigenkapitalkosten dar und kann als Untergrenze bei der Bewertung eines Unternehmens betrachtet werden, da er zum Bewertungszeitpunkt im Wesentlichen vorhanden ist. 

Wenn der Verkaufspreis des Unternehmens unter dem Nettoinventarwert liegt, kann die Liquidation des Unternehmens für den Eigentümer sogar finanziell vorteilhafter sein. Diese Methode ist nicht als alleinige Methode zur Berechnung des Firmenwerts geeignet, da sie die zukünftigen Erträge des Unternehmens völlig außer Acht lässt. 

Multiplikatorenverfahren

Zur Bewertung werden bei dieser Methode die aktuellen Werte vergleichbarer Unternehmen herangezogen. Der Verkaufspreis gilt als Multiplikator der Hauptkennzahl wie EBITDA, EBIT oder Umsatzvolumen.

Ein bestimmter Unternehmenswert entspricht den Kosten des Eigenkapitals zuzüglich der Finanzverbindlichkeiten (der sogenannte „Enterprise Value“). Fremdkapital wird von den Eigenkapitalkosten abgezogen. Wenn Sie mit dieser Methode den Firmenwert berechnen, stellt oft die Datenverfügbarkeit ein Problem bei diesem Ansatz dar. Kaufpreise von mittelständischen und kleinen Unternehmen werden selten veröffentlicht. Vergleiche mit börsennotierten Unternehmen sind nutzlos, da kleinere Firmen in der Regel deutlich geringere Multiples zahlen.

Trotzdem ist die Multiplikatormethode eine marktübliche Methode zur Bewertung einer Firma. Zu Transaktionspreisen verdichtete Marktpreisinformationen für vergleichbare Unternehmen werden zu Bewertungszwecken auf das zu bewertende Unternehmen angewandt. Die Multiplikationsmethode ist bei Praktikern beliebt, weil sie schnell und einfach einen ungefähren anfänglichen Kostenwert liefert. Die Multiplikationsmethode eignet sich hauptsächlich für folgende Zwecke:

  • Validierung des Unternehmenswerts, der mit anderen Bewertungsmethoden ermittelt wurde;
  • Multiplikatorenvergleich des zu bewertenden Unternehmens mit den Multiplikatoren branchenvergleichbarer Unternehmen zur Einschätzung des Unternehmenswerts mit dem Wettbewerb;
  • Ermittlung des Unternehmenswertes der zu bewertenden Firma anhand bereits bekannter und vergleichbarer Unternehmensmultiplikatoren.

Discounted-Cashflow-Verfahren

Die Discounted-Cashflow-Methode wird immer beliebter und ist weltweit anerkannt. Sie eignet sich für alteingesessene, große Unternehmen mit stetigem Wachstum und wachsenden Gewinnen. Diese Methode ist nicht geeignet für kleine, eher instabile Betriebe mit unzureichender systematischer Wachstumsstrategie.

Dieses Verfahren ist im Grunde dasselbe wie das Ertragswertverfahren: Der Überschuss wird auf den Barwert diskontiert. Anders als bei der Ertragswertmethode wird bei der DCF-Methode der zukünftige Cashflow verwendet. Im Mittelpunkt dieser Einschätzung steht daher die künftige Entwicklung der Ertragslage. Somit ist das DCF-Verfahren ein rein zukunftsgerichtetes Bewertungsverfahren.

Bei dieser Methode basiert die Berechnung auf einer Schätzung des zukünftigen freien Cashflows nach Steuern, d. h. Nettozufluss an liquiden Mitteln. 

Venture-Capital-Methode

Die vorher präsentierten Methoden zur Unternehmensbewertung verwenden Gewinn- oder Umsatzdaten von mehreren Jahren oder zwölf Monaten. Bei Unternehmen ohne stabile Gewinne und jungen Unternehmen stoßen diese Verfahren an ihre Grenzen: Start-ups bilanzieren in der Regel nur wenig Kapital, aber verfügen über ein hohes Wachstumspotenzial.

Die meisten Vermögenswerte des Unternehmens sind immaterielle Assets. Oft ist einfach kein Geld da. Hier greift die Venture-Capital-Methode, die insbesondere bei der Start-up-Bewertung zum Einsatz kommt. Dieses Verfahren kombiniert die Multiplikatorenmethode mit der Discounted-Cashflow-Methode.

Die Venture-Capital-Methode gründet auf der Annahme, dass sich Unternehmen schrittweise entwickeln. Anfangs steht eine Seeding-Phase, gefolgt von einer Start-up-Phase, einer Wachstums- und einer Reifephase. In den ersten beiden Stufen wird in der Regel kein positiver Cashflow generiert. Während der Wachstumsphase verändert sich dies, hier können Sie auf das Discounted-Cash-Flow-Verfahren und Gesamtkostenverfahren zurückgreifen. Die Multiplikationsmethode ist eine Option für die Anfangsphase in einem jungen Unternehmen.

Wenn Sie ein Unternehmen verkaufen, wird mit der Venture-Capital-Methode die Sichtweise des Investors oder Käufers berücksichtigt. Damit wird der mögliche Preis im Falle eines zukünftigen Verkaufs an die Nachfolge berechnet. Die Bewertung erfolgt zum Stichtag unter Berücksichtigung von Risiko und Laufzeit der Anlage. Dabei werden Aspekte wie Ausstiegszeit, Renditeerwartungen und des Liquiditätsbedarfs des Unternehmens berücksichtigt. Diese Angaben stammen aus dem Businessplan, angereichert mit einigen Erfahrungswerten vergleichbarer Unternehmen:

  • Bedarf an Liquidität
  • Geplantes Ergebnis vor Steuern und Zinsen (kurz EBIT) in x Jahren
  • voraussichtlicher Umsatz 
  • branchenüblicher Multiplikator
  • von den Anlegern erwartete Rendite

Die Venture-Capital-Methode wird häufig zur Bewertung von Unternehmen eingesetzt, die sich gut entwickeln, aber noch nicht profitabel sind und für die Gewinnprognosen schwierig zu treffen sind.

Fazit

Die Auswahl der richtigen Methode zur Kaufpreisermittlung ist umstritten: Zukunft und Vergangenheit werden verglichen, die bisherigen Unternehmensergebnisse werden der zukünftigen und aktuellen Marktposition gegenübergestellt. Dabei werden subjektive Annahmen getroffen, die von objektiven Tatsachen meist stark abweichen.

Bei der Nachfolge oder dem Verkauf eines Unternehmens ist jedoch eine Unternehmensbewertung erforderlich. Jede der verfügbaren Methoden hat ihre eigenen Vor- und Nachteile. Die Resultate können je nach Methode stark voneinander abweichen. Sie sollten daher nicht als exakte Richtwerte aufgefasst werden, sondern als Spanne, innerhalb derer der Endpreis liegen kann. Wir empfehlen Ihnen, mehrere Methoden zu verwenden.

Der psychologische Aspekt einer Unternehmensbewertung sollte ebenso nicht unterschätzt werden. Unternehmensbewertungen dürfen nicht hinausgezögert werden, denn der Preis entscheidet letztlich über die Übernahme des Unternehmens.

Die wichtigste strategische Entscheidung und größte Herausforderung der Unternehmensbewertung besteht in der Auswahl der richtigen Bewertungsmethode und deren Abstimmung mit dem Verkäufer. Verlieren Sie jedoch bei allen verfügbaren Vorgehensweisen, Formeln und Methoden nicht die zentralen Fragestellungen und Ihre Motivation für die Übernahme oder den Kauf eines Unternehmens aus den Augen. Erinnern Sie sich immer wieder an die Essenz Ihres Vorhabens:

Was genau kaufen Sie eigentlich? Werden Sie Eigentümer der Anlagen, Maschinen und des Fuhrparks? Erwerben Sie ein vielversprechendes Unternehmen? Werden Sie Leiter eines Teams, mit dem Sie gerne zusammenarbeiten? Ist der Kaufpreis angemessen? Stimmen Realität und Preis überein? Verdecken sich irgendwo immaterielle und materielle Risiken – schließlich erben Sie diese ebenso, wenn Sie ein Unternehmen kaufen oder übernehmen. Sind Sie mit der Amortisationszeit Ihrer Investition zufrieden? Sind Sie wirklich bereit, das Risiko einzugehen, das mit dem Unternehmenskauf einhergeht?

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